Das Thema „Leadership“ hat mich immer schon fasziniert. Wie schaffen es Menschen, andere so zu motivieren, zu entwickeln und zu leiten, damit sie in der Lage sind, über sich hinauszuwachsen und ambitionierte Ziele nicht nur zu erreichen, sondern mitunter sogar zu übertreffen? Kommt man als inspirierende Führungspersönlichkeit auf die Welt oder muss man in die Rolle Schritt für Schritt hineinwachsen? Und gibt es eine Erfolgsformel, wie man Teams erfolgreich führt? In diesem Beitrag erzähle ich von meiner Begegnung mit dem deutschen Fußballtrainer Jürgen Klopp und was du von ihm lernen kannst.
Ich hatte in meiner Karriere das Glück gehabt, immer wieder interessante Menschen zu treffen, die ihre Führungsrollen mitunter ganz unterschiedlich anlegten. Da gab es die, die so eine Ausstrahlung hatten, dass sich jeder umdrehte, wenn sie den Raum betraten.
Dazu zählte zum Beispiel der deutsche Fußball-Europameister Stefan Kuntz, den ich in meiner Zeit beim 1. FC Kaiserslautern kennengelernt hatte. In seiner Rolle als Vorstandsvorsitzende verkörperte er als ehemaliger Spieler des Klubs und durch seinen regionalen Bezug eine ideale Identifikationsfigur für die Fans und ich staunte oft darüber, wie sehr die Menschen an seinen Lippen hingen.
Dabei kam es gar nicht so darauf an, was er sagte. Es war seine positive Strahlkraft, die seinem Umfeld in einer wirtschaftlich herausfordernden Zeit in der Region Hoffnung gab. Dazu war er auch ehrlich genug, zuzugeben, wenn er sich bei einem bestimmten Thema nicht so gut auskannte. Diese Authentizität machte ihn in der Öffentlichkeit sympathisch.
Jürgen Klopp – der Typ aus dem Schwarzwald
Um authentisch sein zu können, ist es wichtig, sich selbst gut zu kennen. Wo kommt man her? Wo möchte man hin? Welche Werte sind einem wichtig? Authentisch zu sein ist auch für Menschen um einen herum sehr wichtig, weil es Leuten eine Linie gibt, an der sie sich orientieren können. Wenn jemand stets authentisch bleibt, braucht man keine Angst zu haben, dass er sich so dreht wie der Wind gerade weht.
Der deutsche Fußball-Trainer Jürgen Klopp hat bei seiner Antritts-Pressekonferenz bei Liverpool ein gutes Beispiel dafür geliefert. Er wurde von englischen Medien gefragt, wie man ihn denn nennen sollte. Es gäbe ja viele große Trainer mit Spitznamen wie zum Beispiel „The Special One“ José Mourinho. Klopp lachte und schüttelte den Kopf. „Mit Genies vergleiche ich mich nicht, ich bin ein ganz normaler Typ aus dem Schwarzwald.“ Als Reaktion wurde er dann von einigen „The Normal One“ getauft.
Diese Bescheidenheit ist etwas, das Klopp immer schon ausgezeichnet hat. Meine erste Begegnung mit dem Deutschen ist ebenfalls ein gutes Beispiel dafür. Sie fand im Rahmen der Aufzeichnung einer Folge der SWR-Sportsendung „Flutlicht“ in Mainz statt, zu der ich einen Spieler des 1. FC Kaiserslautern, der als Studiogast angefragt war, begleitete.
Als eine Freundin von mir – ihres Zeichens glühender Fan von Klopps Ex-Klub Mainz 05 – hörte, dass ich ihn treffen würde, sagte sie zu mir „Du musst für mich unbedingt ein Foto mit ihm machen!“ Ich war nie ein großer Fan von solchen gestellten Fotos gewesen, aber als ich dann in der Maske neben „Kloppo“ stand, sprach ich ihn einfach an. Als ich ihn im Laufe unserer Unterhaltung nach einem Foto fragte, antwortete er mit einem breiten Grinsen: „Was stimmt denn mit deiner Freundin nicht, dass sie unbedingt ein Foto von mir haben möchte? Ich bin doch ein ganz normaler Typ aus dem Schwarzwald.“
Der Transfer vom Fußballplatz auf die „Fifteen Seconds“-Bühne
Diese und ähnliche Geschichten schossen mir in den Kopf, als mich Stefan Stücklschweiger, Co-Founder und CEO des „Fifteen Seconds“-Festivals, fragte, ob ich Lust hatte, eine Keynote bei der nächsten Ausgabe des Events im Juni 2022 zu halten. Seit 2014 lockt die Veranstaltung jährlich bis zu 10.000 neugierige Geister aus allen Ecken der Welt und verschiedenen Disziplinen nach Graz, um sich im Rahmen von Vorträgen und Workshops intensiv mit Themen wie „Personal Growth“, „Marketing“ oder „New Work“ auseinander zu setzen.
Die großteils jungen Leute kamen aus 30 Ländern zu diesem Festival für kreative und innovative Köpfe, weil sie auf der Suche nach Content und Learnings waren, die sie auch selbst praktisch anwenden konnten. Zuerst überlegte ich, ob es nicht interessant sein könnte, etwas über Sportentwicklung in der Wüste zu erzählen. Ich verwarf die Idee aber gleich wieder, denn mir war etwas viel Passenderes eingefallen: Warum übersetzte ich nicht einfach die Erfolgsrezepte von Klopp & Co. in Punkto „Leadership“ vom Fußballplatz auf die Festival-Bühne?
Ich hatte in meiner bisherigen Karriere die Möglichkeit und das Privileg gehabt, auf viele interessante, innovative und erfolgreiche Trainerpersönlichkeiten zu treffen. Darunter befanden sich neben Klopp viele weitere ausgewiesene Fußball-Experten wie Johan Cryff, Carlo Ancelotti, Pep Guardiola, Thomas Tuchel oder Antonio Conte. Mir was es immer wichtig aus diesen Gesprächen und Begegnungen etwas mitzunehmen, das ich auch im Arbeitsalltag praktisch anwenden konnte. Und oft waren es ganz kleine Dinge gewesen, die ich mir von ihnen abgeschaut hatte und die dann bei meinen Mitmenschen einen großen Unterschied ausgemacht hatte.
Ein Auftritt mit Wirkung
So folgte ich am 10. Juni 2022 meinem Vorrednern Clemens Doppler und Georg Pangl auf der „WOCHE Sports Stage“ im Grazer Messe-Center mit der Keynote „Was man sich von erfolgreichen Fußball-Trainern abschauen kann.“ Ein Thema, dass offensichtlich viele Besucher:innen angesprochen hatte, denn der Saal war bis auf den letzten Platz voll und nachdem mich Stage Host Robert Puchalla vorgestellt hatte, war ich schon mitten im Thema und startete mit drei spannenden Fragen: Wieso ist Jose Mourinho immer auf der Suche nach Menschen, die smarter sind als er? Warum kann Jürgen Klopp nicht der beste Freund seiner Spieler sein? Weshalb wäre Pep Guardiola kein guter Schauspieler?
Die Antworten bzw. die acht Learnings, auf die ich mich konzentriert hatte, fanden sich auch noch Tage später auf unterschiedlichen Social Media-Platformen wieder und auch über andere Wege bekam ich viel positives Feedback für meinen Auftritt. Und mir war klar, dass ich auch in Zukunft bei Begegnungen mit erfolgreichen Menschen besonders aufmerksam zuhören würde, um ihre Learnings für mich und die Menschen in meiner Umgebung zuerst herunter zu brechen und dann in den Alltag zu implementieren.
(Beitragsbild: Andreas Neubauer beim Fifteen Seconds Festival 2022 I Copyright: Jorj Konstantinov)