Nach meinem Umzug nach Doha im Jahr 2014 hatte ich innerhalb kürzester Zeit so viele Flugmeilen gesammelt, dass ich vor dem Abflug vom Hamad International Airport in Doha noch gemütlich in der luxuriös eingerichteten Lounge von Qatar Airways entspannen konnte. Meine Zeit in Katar sollte vor allem in den ersten Jahren einen wahren „Globetrotter“ in Sachen Spitzenfußball aus mir machen: Paris, Glasgow, Manchester, München, Amsterdam, London, New York – ein Highlight folgte auf das nächste.
Vor allem die Arbeit als PR-Manager bei Aspire hatte mitunter kurzfristige Überraschungen parat: Im Vorfeld der FIFA-U 20-EM, für die Katar nach dem Erfolg beim U-19 Asien Cup 2014 automatisch qualifiziert war, sollte eine TV-Doku über die katarischen Talente gedreht werden, die gerade bei Klubs in Europa Erfahrungen sammelten. So organisierte ich innerhalb von zwei Tagen den gesamten Trip für den mich und meine Unterstützung – einen Regisseur und einen Kameramann – beide aus Portugal und beide mit dem Vornamen „Joao“. Dass sich das Team so zusammensetze, hatte auch einen sehr praktischen Grund: Wir hatten alle EU-Pässe und mussten nicht für Visa ansuchen, was sich aus Zeitgründen bei anderen wohl nicht rechtzeitig ausgegangen wäre.
So machten wir uns im März 2015 auf nach Belgien, dem Startpunkt unseres „Euro-Trips“, der uns von Brüssel, via Eupen nach Linz, Salzburg und München bis nach San Sebastian und Madrid führen sollte – all das innerhalb von nur 10 Tagen und mit jeder Menge von Drehterminen im Kalender. Trotzdem war es wahnsinnig spannend zu sehen, wie sich Katars junge Talente wie Akram Afif, Assim Omer Madibo oder Sultan Al-Brake bei ihren Klubs in Europa zurechtfanden und wie sie Mitspieler und Trainer erlebten. Ganz allein waren sie allerdings nicht: Jedem Spieler war von Aspire auch ein eigener Betreuer zur Verfügung gestellt worden, an den sie sich bei Fragen vertrauensvoll wenden durften.
Fachsimpeln unter dem Eifelturm
Ein Grund, der mich immer wieder nach Europa führen sollte, waren die großen Events, die Aspire Academy in Zusammenarbeit mit der Aspire Zone Foundation, regelmäßig veranstaltete wie „Aspire4Sport“, eine B2B-Plattform für katarische und internationale Unternehmen, und der „Aspire Academy Global Summit“, der Vertreter der 50 besten Klubs- und Verbände aus 30 Ländern im Bereich „Football Performance & Science“ vereinte, die in weiterer Folge zusammen an Projekten arbeiteten, mit dem Ziel den Fußball im Bereich Training-Methodik besser zu machen. Der „Kick-off“ für diese Community, die Professor Valter di Salvo – vor seiner Zeit in Katar u.a. Leiter des „High Performance Centers“ von Real Madrid und Athletik-Trainer bei Manchester United unter Sir Alex Ferguson – unter dem Titel „Aspire in the World Fellows“ ins Leben gerufen hatte, fand 2014 in Paris statt.
So kam es, dass ich mir an einem Oktober-Morgen im Restaurant des Pullman-Hotels, in Blickweite des Eifel-Turms, ein Croissant schmierte und mit dem späteren US-Nationalteam-Coach Anthony Hudson, damals Chef-Trainer des neuseeländischen Fußball-Nationalteams, über seine Zeit in Bahrain und in den USA plauderte. Er nur einer von vielen interessanten Gesprächspartnern, die mir in diesen Tagen über den Weg laufen sollten, denn am Veranstaltungsort, dem noblen Pavillon Cambon Capucines, gab sich die internationale Sport-Elite die Klinke in die Hand: Darunter fanden sich Fußball-Größen wie Roberto Mancini, Juan Sebastian Veron, Gennaro Gattuso, Patrick Kluivert, Gaizka Mendieta, Gabriel Heinze, Tennis-Ass Viktoria Azarenka oder Volleyball-Startrainer Julio Velasco. Im Zuge der Veranstaltung wurde bei einer gemeinsamen Pressekonferenz des italienischen Serie A und Katars Fußball-Verband QFA verkündet, dass der italienischen Super-Cups zwischen Juventus und Napoli im Dezember 2015 in Doha ausgetragen werden würde.
Netzwerken im FIFA-Headquarter
Aspire verstand es Top-Expertise und große Namen an einem Ort zu vereinen und diese Mischung fand sich bei allen Veranstaltungen dieser Art – egal, ob sie in Paris, London, Berlin, Amsterdam oder Doha stattfanden. Besonders beeindruckend waren für mich dabei unter anderem der Auftritt von Trainer-Ikone Johan Cruyff im Jahr 2015 in Berlin, es sollte der letzte vor seinem Tod gewesen sein. Auch für die prominenten Gäste waren diese Events nicht nur eine Möglichkeit sich innerhalb ihrer Fach-Community auszutauschen, es konnten auch wichtige Kontakte geknüpft werden und es war nicht selten der Fall, dass einer der Teilnehmer im darauffolgenden Jahr mit einem anderen Logo auf der Brust auftauchte. Auch die Top-Trainer, die in „Star-Chats“ ihr Wissen teilten, konnten später in Klubs mit Verbindungen nach Katar gefunden wurden: Claude Makélélé übernahm 2017 das Chef-Trainer-Amt bei KAS Eupen, Thomas Tuchel wurde 2018 Trainer bei Paris Saint-Germain.
Beziehungen zu pflegen, spielt in der Sport-Welt eine wichtige Rolle. So waren Aspire Academys Entscheidungsträger immer wieder bei internationalen Events gefragte Gäste. Gleich im Anschluss an die Premiere des „Aspire Academy Global Summits“ in Paris ging es weiter nach London, wo Aspire gemeinsam mit „Leaders“ im alt-ehrwürdigen Sitz der „British Academy Film Awards“ (BAFTA) den „Leaders Under-40 Award“ für Sport-Executives vorstellte. Das erlebte ich gleich in meinen ersten Monaten bei Aspire hautnah mit, ebenso eine Konferenz der „International Football Arena“ (IFA), die im Dezember im Headquarter der FIFA in Zürich stattfand. Aspire Academy Director General Ivan Bravo und ich waren die einzigen aus Doha vor Ort und so fand unsere Abstimmung am Vorabend des Events im schicken Restaurant des „Park Hyatt Zürich“-Hotels neben einem riesengroßen festlich geschmückten Christbaum statt.
Wiedersehen in New York
Auch im Rahmen dieses Trips ergaben sich für mich einige spannende Kontakte. So lernte ich mit Bernd Fisa einen österreichischen Landsmann kennen, der damals Berater des FIFA-Präsidenten Sepp Blatter arbeitete und davor als Pressesprecher von Michael Schumacher bei Ferrari tätig war. Mit Jill Fracisco traf ich auf eine US-amerikanische Sport-Funktionärin, die auf 20 Jahre als „Director of Competitions and Events“ und als „Deputy General Secretary“ bei CONCACAF zurückblicken konnte bzw. viele Jahre als „Match Director“ der FIFA.
Es sollte gar nicht so lange dauern, bis sich unsere Wege wieder kreuzten. Denn als ich im Rahmen eines Besuchs der New York Red Bulls 2015 in den USA war, traf ich sie im „W Times Square“ gemeinsam mit meiner ehemaligen LUV Graz-Kollegin Christina Haller, die wenig später ein Angebot beim DPL-Klub Long Island Rough Riders, Ausbildungs-Klub von New York City FC, als Marketing- & Event-Managerin annehmen sollte. Dort traf sie übrigens auf eine Bekannte aus unserer gemeinsamen Zeit im österreichischen Frauenfußball: Die walisische Teamspielerin Shan Jones, die 2013 für die Grazerinnen auf Torjagd gegangen war, war nämlich inzwischen bei den Rough Riders als Spielerin und Jugend-Trainerin tätig. Ein weiteres Beispiel dafür, wie klein und verwoben das Fußball-Business ist.
Foto-Credit: Amr Darwish