Ich erwartete nicht, in Doha auf viele bekannte Gesichter zu treffen, denn im Gegensatz zu den Städten in denen ich früher gelebt und gearbeitet hatte wie London oder München, lag die 800.000-Einwohner-Stadt Doha schon etwas weiter weg vom Schuss. Da musste man schon gezielt hinfliegen wollen, dachte ich mir anfangs. Das sollte sich im Laufe der Zeit aber als Fehleinschätzung herausstellen. Denn einerseits entwickelte sich der im Mai 2014 eröffnete „Hamad International Airport“ mit fast 40 Millionen Fluggästen pro Jahr zu einer Drehscheibe im internationalen Flugverkehr und dazu war Doha eben ein Mekka der Sport-Szene und da saß ich nun an der Quelle.
Gleich mehrmals holte mich hier meine Vergangenheit – im positiven Sinn – wieder ein. Besonders hervorzuheben ist hier sicher das Trainingslager von Paris Saint-Germain, das im Dezember 2015 bei Aspire stattfand. Denn dort stand mit dem inzwischen 25-jährigen Deutschen Kevin Trapp ein Spieler im Tor für den ich in meiner Zeit beim 1. FC Kaiserlautern circa acht Jahre früher noch die Einberufungen für DFB-Junioren-Länderspiele an seinen Schuldirektor weiterleiten durfte. Sein Talent hatte man schon damals erkannt, weshalb er in der Pfalz auch damals schon als Teenager sein „Fixleiberl“ bei FCK II in der Regionalliga innehatte. Es war schön zu sehen, wie sich unsere Karrieren entwickelt hatten, um nun in Doha wieder aufeinander zu treffen.
Kevin war allerdings nicht der erste Ex-„Lauterer“, den ich hier getroffen hatte. Bereits wenige Woche nach meinem Umzug sah ich auf Facebook, dass mit Thomas „Tommy“ Neubert ein ehemaliger Athletik-Trainer aus meiner Zeit in Kaiserslautern gerade im Wyndham Regency-Hotel abgestiegen war und das war von dem Compound in dem ich in meinen ersten Jahren in Doha wohnte gerade einmal zehn Minuten entfernt. Auch dieses Treffen sollte extrem interessant werden. Tommy war für ein Spiel seiner Mannschaft Al-Hilal Riad in der der asiatischen Champions League nach Katar gekommen. Dort arbeitete er mit dem Fußball-Trainer Laurentiu Reghecampf zusammen – beide hatten sich auch beim FCK kennengelernt, es sollte für den Rumänen damals die letzte Station als aktiver Spieler sein.
Riad statt deutscher Bundesliga oder Premier League
Im Jahr 2010 kreuzten sich ihre Wege wieder beim rumänischen Erst-Liga-Klub Gloria Bistrița und es sollte der Beginn einer erfolgreichen längerfristigen Zusammenarbeit werden. Nach einem Zwischenstopp bei CS Concordia Chiajna ging es weiter zu Traditionsklub Steaua Bukarest, die sie zum Meistertitel und in die UEFA Champions League-Gruppenphase führten, wo der Verein vor allem mit einem Unentschieden gegen Schalke 04 und einer knappen 0:1-Auswärtsniederlage gegen den FC Chelsea auf sich aufmerksam machen konnte. Diese Ergebnisse machten Reghecampf und seinen Coaching Staff auch für internationale Top-Klubs interessant. Vereine aus der deutschen Bundesliga und der Premier League waren vorstellig geworden, aber eben auch der saudi-arabische Klub Al-Hilal Riad.
Eigentlich hatte Tommy insgeheim damit gerechnet, dass es wieder heim nach Deutschland gehen würde. Aber die Verhandlungen mit dem Bundesliga-Klub zogen sich in die Länge und das nutzen die Saudis, die umgehend eine Abordnung des Klubs nach Rumänien schickten. Nach vielen Gesprächen waren Reghecampf und sein Team von der Herausforderung „Saudi Arabien“ überzeugt und langfristige Verträge waren unterzeichnet. Auch Tommy war es ein tolle berufliche Möglichkeit, denn er sollte die Chance bekommen, beim Klub im S&C-Bereich etwas Nachhaltiges aufzubauen. Dass es nicht dazu kam, zeigte wieder einmal die Schnelllebigkeit des Fußballs: Das Erreichen des Finales der AFC Champions League und ein zweiter Platz in der Liga waren den Klub-Besitzern zu wenig und das Wüsten-Abenteuer war für Reghecampf & Co. nach einigen Monaten wieder beendet.
Die österreichische Sport-Connection in Doha
Natürlich freute ich mich immer ganz besonders, wenn ich in Doha auf Bekannte und Freunde aus Österreich treffen konnte. Einer davon war FC Red Bull Salzburg-Sportdirektor Christoph Freund, mit dem ich einige Jahre davor zusammen die Sport-Management-Akademie der österreichischen Fußball-Bundesliga absolviert hatte und der bei Salzburg eine beeindruckende Karriere im Management hingelegt hatte. Er besuchte Aspire im Rahmen von Trainingslagern der ersten Mannschaft der Salzburger, aber er ließ es sich auch nicht nehmen, beim „Alkass International Cup“ vorbeizuschauen, wo eine Salzburger U-17 unter Marco Rose 2017 den dritten Platz erkämpfen konnte.
Mit Alexander Zickler – er nahm als Nachwuchstrainer mit einem RBS-Team an einem „Tri-Series“-Turnier teil – und René Aufhauser – er war 2020 als Co-Trainer von Jesse Marsch beim Salzburger-Trainingslager dabei – konnte ich auch zwei Ex-Profis aus meiner Zeit als LASK-Pressesprecher bei Aspire begrüßen. Zwei noch aktive Spieler aus dieser Zeit – nämlich den späteren ÖFB-Teamkeeper Pavao Pervan bzw. Mittelfeldmann Daniel Kogler – sollte ich übrigens im Rahmen eines Trainingslagers der Linzer, damals in der zweiten österreichischen Liga, im Jahr 2015 in Doha wiedersehen. Die „steirische“ Abordnung bei Schalke 04 in Form von Gerhard Zuber, Horst Heldt und Jan-Pieter Martens, hatte übrigens im selben Jahr die Anlage von Aspire zum wiederholten Mal als Location für ihr Wintertrainingslager ausgewählt.
Mein Peter Obersteiner absolvierte ein ehemaliger Mitstreiter aus meiner Zeit bei LUV Graz im Sommer 2015 ein Praktikum in meiner Abteilung. Christina Haller, früher im Marketing der Grazerinnen, war in ihrer Zeit als Event-Managerin der „Internationalen Fußball Camps Steiermark“ (IFCS) für ein Drei-Nationen-Turnier im Jahr 2017 nach Doha gekommen, weil sie die tschechische Nationalmannschaft dorthin vermittelt hatten. Und im Zuge der Trainingslager des Frauen-Teams des FC Bayern München in der Aspire Academy, die damit dem Beispiel von David Alaba & Co. folgten, durfte ich im Februar 2018 auch die Kapitänin des ÖFB-Nationalteams, Viktoria Schnaderbeck, in Doha begrüßen. Unsere Wege hatten sich davor u.a. in meiner Zeit in München gekreuzt, wo ich sie 2009 als Studio-Gast für die TV-Sendung „Tackling“ gewinnen konnte.
Ein besonderes Wiedersehen gab es auch im Rahmen meines allerletzten Face-to-Face Interviews bei Aspire wenige Tage vor dem ersten Corona-Lockdown im Februar 2020: Es war ausgerechnet mit dem Franzosen Arsene Wenger, inzwischen „Chief of Global Football Development“ bei der FIFA. Und mit ihm hatte ich das erste Mal im Jahr 2007 in meiner Zeit als IFCS-Pressesprecher in Bad Waltersdorf zu tun gehabt, wo der langjährige Arsenal-Trainer mit den „Gunners“ in den Sommer-Monaten immer ein gern gesehener Gast war. Nachdem mein erste offizielle Amtshandlung bei meinem Job-Antritt bei Aspire eine Tour mit dem langjährigen Premier League-Trainer David Moyes war, empfand ich mein Gespräch mit Wenger im Nachhinein als stimmigen Abschluss meiner Zeit in Doha.
Foto-Credit: Amr Darwish