Das erste Mal, dass ich Katar bewusst in Verbindung mit Sport wahrgenommen hatte, war, als sich der österreichische Tennis-Profi Stefan Koubek im Jahr 2003 den Sieg beim „Qatar ExxonMobil Open“ ATP-Turnier sicherte. Dass ich einige Jahre später selbst im Emirat am Persischen Golf leben und arbeiten würde, wäre mir zu diesem Zeitpunkt wohl kaum in den Sinn gekommen.
Als im Jahr 2010 verkündet wurde, dass das Land, das gerade einmal so groß war wie Oberösterreich, der Veranstalter der FIFA-Weltmeisterschaft im Jahr 2020 sein würde, waren viele Menschen sehr überrascht. Ich gehörte definitiv auch dazu und so versuchte ich mich schlau zu machen, warum das größte Sport-Event der Welt in die Wüste wandern würde. Bei näherer Betrachtung fiel mir schnell auf, dass sich die Hauptstadt Doha als Veranstaltungsort vieler internationaler Sport-Wettkämpfe bereits einen Namen gemacht hatte.
Danach kam Katar bei mir ehrlich gesagt etwas in Vergessenheit, die WM war ja noch viele Jahre entfernt und andere Themen standen bei mir und meiner Agentur SPORTPLUSPR mehr im Fokus. Bis an einem Morgen im Jahr 2012 mein Handy läutete. Ich erinnere mich so genau daran, weil ich damals gerade meinen Koffer durch die Abflughalle des Grazer Flughafens rollte, mit einer viel zu schweren Tasche hantierte und am Anfang des Gesprächs gerade einmal die Wortfetzen „Katar…WM…Pitchen“ aus meinem Handy, das ich zwischen Kopf und Schulter eingeklemmt hatte, entschlüsseln konnte. Am anderen Ende der Leitung war ein Bekannter von mir aus dem Fußball-Business: Tom Kern, Marketing-Mastermind mit Stationen im Red Bull-Universum und beim LASK und inzwischen Geschäftsführer der Agentur „KernKompetenzen“.
Ein Wiedersehen, ein gebrochener Fuß und ein gewonnener Pitch
„Bist du beim Pitch dabei?“ war die Frage, auf die es am Ende hinausgelaufen war und natürlich sagte ich drauf „Na klar!“ bevor ich mein Gepäck weiter zum Check-in schleppte. Eine konkrete Vorstellung, was das im Detail bedeuten sollte, hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Das sollte sich aber einige Monate später ändern, als es wirklich darum ging den Pitch – wie ich nun wusste, handelte es sich dabei um ein groß angelegtes Corporate Publishing-Projekt von Katars nationaler Sport-Ausbildungsstätte – vorzubereiten.
Ich kümmerte mich dabei vorwiegend mit dem Content für den „Dummy“. Dieser Prozess fiel genau in die Zeit, als ich für einen UEFA Study Group-Lehrgang zum Thema „Marketing im Frauenfußball“ beim DFB in Frankfurt war. Die Abordnung des ÖFB war in einem Hotel gegenüber der Verbandszentrale untergebracht und auch in unmittelbarer Nähe des Stadions von Eintracht Frankfurt. Was auch erklärte, dass ich gleich am ersten Tag in den kroatischen Nationalteamspieler Srdjan Lakic, den ich sehr gut aus unserer gemeinsamen Zeit beim 1. FC Kaiserslautern kannte, hineinlief. Er war inzwischen nämlich auf Leihbasis vom VfL Wolfsburg zur Eintracht gewechselt.
Viel Zeit, um mit ihm in Erinnerungen zu schwelgen, hatte ich aber leider nicht. Denn ich musste an den Abenden nach Kursende am Pitch weiterarbeiten. Dazu schmerzte mein Fuß extrem. Ich hatte in einem Mixed-Hallenfußballturnier der Kursteilnehmer – bei den Deutschen spielte sogar die ehemalige DFB-Teamspielerin und spätere Team-Chefin Steffi Jones mit – die österreichische Auswahl mit einem wunderschönen Volley-Treffer in der letzten Minute zwar zum Sieg gegen die Ukraine geschossen. Leider war ich danach so blöd mit dem Fuß aufgekommen, dass sich sogar die DFB-Physios um mich kümmern mussten.
Wie sich später herausstellte war der Mittelfußknochen gebrochen. Der kreative Output dieser Nächte sollte sich als nachhaltiger erweisen, denn einige Wochen nachdem der Gips wieder herunten war, kam die Nachricht, dass mein Bekannter den Pitch tatsächlich gewonnen hatte. Und was bedeutet das? „Du sitzt nächste Woche im Flieger nach Doha.“ Und weil das so kurzfristig kam und mein Pass nur mehr 4 Monate – für Katar zwei Monate zu wenig – gültig war, wurde am gleichen Tag noch ein Express-Reisepass beantragt.
Willkommen im katarischen „Disney Land“
„Surreal“ ist wohl das beste Wort, um meinen ersten Trip nach Katar im Jahr 2013 zu beschreiben. Das fing schon einmal bei der luxuriösen Ausstattung an Bord der Qatar Airways-Maschine an. Neu war für mich auch, dass, als wir am Doha International Airport landeten, einige in weiß gekleidete Passagiere der ersten Klasse gleich auf der Landebahn von einer Limousine abgeholt worden war. Zur damaligen Zeit war der top-moderne Hamad International Airport noch nicht eröffnet und der alte Flughafen war sehr spartanisch ausgestattet und sichtlich in die Jahre gekommen.
Aber dieser erste Eindruck von Doha täuschte. An Bord eines schwarzen Mercedes, der uns vom Flughafen abgeholt hatte, bestaunte ich die bei Nacht hell erleuchtete Skyline von Doha als wir durch das Zentrum Richtung Al Rayyan fuhren, wo sich das Ziel unserer Fahrt befand: Die Aspire Zone – auch bekannt als „Doha Sports City“, ein 2,5 Quadratkilometer großer Campus auf dem sich mit dem Aspire Dome – damals die größte Indoor-Sportanlage der Welt -, dem Khalifa International Stadium und dem Hamad Aquatic Center gigantische Sport-Einrichtungen befanden. Dazu fand man auf dem Areal mit Aspetar eines der weltbesten Sport-Spitäler, zwölf Fußballfelder, 13 Fußballplätze, eine riesige Parkanlage mit See, zwei Einkaufs-Zentren, einen Indoor-Vergnügungspark, zwei Luxus-Hotels, einen Eislaufplatz und vieles mehr.
Das Herz dieses imposanten Komplexes war aber das Ziel meiner Reise, die Aspire Academy. Doch bevor ich das alles mit eigenen Augen sehen konnte, hieß es zuerst einmal ab ins Hotel und sich von der langen Reise zu erholen. Das Hotel „The Torch Doha“ war eine 300-Meter-hohe Konstruktion in der Form einer Fackel. Einige der Stockwerke – wo sich exquisite Hotels befanden – konnten sich sogar um 360 Grad drehen und so konnte man beim Abendessen einen einzigartigen Blick auf Aspire Zone und das wenig entfernte Doha richten.
Als ich beim Betreten meines Zimmers ein iPad in die Hand gedrückt bekam, womit ich alles rund um mich herum steuern konnte und den Raum in den verschiedensten Farben erstrahlen lassen konnte, fragte ich mich schon, ob ich hier wirklich in Katar war oder ob der Pilot einen Abstecher nach „Disney Land“ unternommen hatte. Denn alles fühlte sich für mich in diesem Moment einerseits sehr gigantisch, aber auch sehr künstlich an. Aber ich war schon sehr gespannt, was ich im Zuge dieser Reise noch alles entdecken sollte.
Beitragsfoto: © Mohamed Abdullah